Wieso Afghanistan keine Schweizer Trachten verbietet

Ich habe keine Ahnung von der Wehntaler Tracht. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass sie nichts, aber auch gar nichts mit dem paschtunisch-tadschikischen Menschenbild gemein hat. Ihr Tragen symbolisiert die fehlende Integrationsbereitschaft von Menschen, die aus Oberwenningen oder Niederwenningen an den Hindukusch kommen. Sogar Kinder werden gezwungen, dieses schwarz-blaue Kleid mit Broschen an der Brust zu tragen. Damit ist die Ausgrenzung in der Schule  – ob in Kundus oder Kandahar – quasi schon vorprogrammiert. Die Wehntaler Tracht ist unvereinbar mit den Werten Afghanistans!

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Symbol fehlender Integrationsbereitschaft: Schon Kinder müssen die Wehntaler Tracht tragen!

Trotz dieser offenkundigen Gegensätzlichkeit zwischen schweizerischer Frauenbekleidung und afghanischer Kultur haben weder die Taliban, noch die aktuelle afghanische Regierung die Wehntaler Tracht jemals verboten. Offenbar hat nicht einmal irgendeine anti-schweizerische Splittergruppe versucht, mit Wehntal-kritischen Ressentiments Stimmung im Land zu machen. Der mutmaßliche Grund: Die Wehntaler Tracht interessiert Afghanen einen Scheiß. Denn es gibt dort einfach keine Frau, die damit herumläuft.

Ganz anders verhält es sich mit der Burka. Frauen, die die afghanische Verschleierung tragen, gibt es in Europa zwar auch nicht, dafür aber zahlreiche Verbotsinitiativen. Nach Frankreich, Belgien, den Niederlanden und Spanien sollen nun auch in der Schweiz Musliminnen das ausziehen, was ohnehin kaum eine anhat. Ein Ausschuss des Schweizer Nationalrates nahm die Initiative für ein Verhüllungsverbot in der letzten Woche mit 11 zu 10 Stimmen an. Die Gesetzesinitiative richtet sich formal zwar auch gegen Fußball-Hooligans, aber eben nur formal. Denn der Mann hinter der Initiative ist Walter Wobmann, Politiker der rechtspopulistischen SVP, Initiator des Minarett-Volksentscheids und seit Jahren der  Mr. Burkaverbot der Schweiz. Dass es in der Schweiz nur rund 50 Musliminnen gibt, die ihr Gesicht überhaupt verhüllen (mittels Niqab, nicht Burka!), macht das Gesetz zwar ziemlich irrelevant, die Hetze gegen den kaum vorhandenen und dadurch wehrlosen Feind aber umso einfacher.

Nur zur Sicherheit: So sieht eine Burka aus.

Realität ist das Burkaverbot indes schon im südschweizerischen Kanton Tessin. 65 Prozent der Befragten hatten sich im September 2013 in einer Volksabstimmung für eine Bekleidungsvorschrift für Musliminnen ausgesprochen. Tatsächlich ausziehen musste sich allerdings niemand. Denn nach Informationen des Islamischen Zentralverband Schweiz leben maximal ein Dutzend Musliminnen in dem Kanton. Schon vor dem Volksentscheid belief sich die Anzahl der Musliminnen, die in Tessin ihr Gesicht verhüllten auf null. «Das ist ein schwarzer Tag für die Menschenrechte“, kommentierte Amnesty International damals. Gemeint war die Situation in der Schweiz, nicht in Afghanistan.

6 Kommentare On Wieso Afghanistan keine Schweizer Trachten verbietet

  • Ich finde, ganz so einfach darf man es sich nicht machen. Vielleicht ist die Wehntaler Tracht in Afganistan nicht verboten, aber Frauen werden gezwungen, ein Kopftuch zu tragen, auch wenn sie das in ihrem Land normalerweise nicht tun. Ich finde, wenn man sich in unserer offenen, westlichen Gesellschaft bewegt, sollte man in der Öffentlichkeit sein Gesicht nicht verhüllen. Auch ohne Verbot können und wollen diese Menschen nicht Teil unserer freien und offenen Gesellschaft werden.

  • Sollten Wir etwa die Gottergebenen wie die Schuldigen behandeln. Was ist euch? Wie urteilt ihr?

    eine Muslima trägt ihre Bedeckung idealerweise nur für Allah, ihren Gott wenn sie das unfreiwillig tut oder dazu gezwungen wird entfällt ihre Belohnung für das Bedecken ihrer Reize völlig sie kann es also dann ganz lassen… Muslime (deut.: Gottergebene) haben eine andere Definition von Freizügigkeit und diese wenden sie bei sich selbst mehr oder minder an! Das somit ist alles! – nicht mehr und nicht weniger. Wenn sie aufgrund dessen von eurer Gesellschaft ausgeschlossen werden oder gar gezwungen werden sich auszuziehen finde ich widerspricht das euren Werten wie Offenheit Toleranz und Akzeptanz -diese Werte so scheint es mir hat die Gesellschaftlichen hier für alle anderen Minderheiten und Religionsgruppen übrig nur für die “orthodoxen” Muslime nicht.

  • wir leben in einer Welt in der die Frau für das Ausziehen Geld und Aufmerksamkeit bekommt und ausgenutzt wird und wenn sie eben diese Schönheiten, die sie an sich hat für such und ihren Mann wahren will, muss sie eine Strafe zahlen? Es wird durch verschiedene stellen angedeutet dass die Frau sich bedecken soll wie sie diese Aufforderung als Gläubige auffasst, ist ganz ihre Sache, ob als Kopftuch oder Burka oder eben gar keine Bedeckung was geht das einen an sofern man nicht nackt rumläuft und sich andere dadurch nicht verletzt fühlen ist alles OK.

  • “Frauen, die die afghanische Verschleierung tragen, gibt es in Europa zwar auch nicht,…”
    Das ist schlichtweg falsch. Und damit hinkt der Vergleich hinsichtlich der Bedeutung eines Verbotes des Tragens einer Burka etwa in einem europäischen Land und dem Verbot der Wehntaler Tracht in Afganistan.

    • hallo PeterPan – doch es gibt sie in deutschland, die Frauen in oder unter der burka – ich selbst habe gleich zwei Frauen tief vermummt am vergangen samstag in einer pfälzischen kleinstadt über den markt laufen sehen. Ich, Frau, fühle mich beim anblick dieser be-keidung höchst unwohl und bin, wie Stuhrer, ebenfalls der meinung, dass wir in der westlichen gesellschaft durchaus (unser) gesicht zeigen sollten – was mit “ausziehen” rein gar nicht zu tun hat + wie Mutter Theresa stelle auch ich die frage, ob ich in afghanistan mit einer nonnentracht und einem kreuz um den hals einfach so durch´s land wandern dürfte …. wir sollten vielleicht nicht auf teufel komm raus alles unter dem deckmantel der toleranz akzeptieren – auch unsere werte sind akzeptierenswert …

  • Da stellt sich mir doch die Frage: Dürfte ich in Afghanistan die übliche Bekleidung einer Nonne mit gut sichtbar umgehängtem christlichem Kreuz auf einem öffentlichen Platz tragen?

    Und falls nein: Würde hier Amnesty International auch das mit dem schwarzen Tag sagen?

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