Abendlandchroniken vom 12. Juni 2021

Diese Woche: Attentat in Kanada… Amnesty-Report über Xinjiang… fragwürdige Islam-Studie… Islamlandkarte vom Tagesschau-Sprecher

Islamophobie begegnet man hierzulande meist in Anführungsstrichen: Als Instrument von Minderheiten, die sich zu Unrecht zu Opfern stilisieren. Als Erfindung von Islamisten, sich gegen Kritik immunisieren. Als Waffe von Linken, die damit ehrbare Islamkritiker mundtot machen. Dass Islamophobie in Wahrheit aber sehr real und allzu oft tödlich ist, haben vergangene Woche fünf Mitglieder einer muslimischen Familie in Kanada erfahren.

“Schreckliche Tat aus Islamophobie”

Am Samstag (5.6.) fuhr dort ein mutmaßlich rassistisch motivierter Pick-Up-Fahrer gezielt und geplant in eine fünfköpfige muslimische Familie und tötete vier von ihnen.

Aus deutscher Perspektive ungewöhnlich waren die schnellen und klaren Worte, mit denen kanadische Politiker auf das Attentat reagierten. Premierminister Justin Trudeau bezeichnete den Angriff als „Terroranschlag, geleitet von Hass” und rief zu mehr Engagement gegen Rassismus auf. Auch der Minister für öffentliche Sicherheit, Bill Blair, sprach von einer “schrecklichen Tat aus Islamophobie”. Hat man solch einen Satz überhaupt schon einmal von einem deutschen Regierungspolitiker gehört? Mehr Infos zum Attentat gibt es bei Spiegel Online.

Die Hölle von Xinjiang

Mit Islamophobie in staatlicher Dimension haben die Menschen in der chinesischen Region Xinjiang seit Jahren zu kämpfen. Einblick in das Ausmaß von Verfolgung und Unterdrückung gibt ein neuer Bericht, den Amnesty International am Donnerstag (10. Juni) vorstellte.

Auf 160 Seiten wirft die Menschenrechtsorganisation Chinas Machthabern vor, in Xinjiang eine Schreckensherrschaft errichtet und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen zu haben. Hunderttausende Angehörige der muslimischen Minderheit seien inhaftiert und gefoltert worden. Millionen Muslime würden systematisch überwacht. Den Amnesty-Bericht gibt es hier, eine ausführliche Zusammenfassung der BBC hier.

Große Teile der deutschen Bevölkerung grundgesetzfeindlich

Während die Amnesty-Studie diese Woche weitgehend unbeachtet blieb, sorgte eine Untersuchung zum Thema Islam für zahlreiche Schlagzeilen.

Dabei wäre etwas journalistische Zurückhaltung bei der Berichterstattung über die “Umfrage: Islam und Islamismus” angebracht. Schon die Auftraggeber der Untersuchung machen skeptisch: Schließlich sind die Stiftung von Emma-Gründerin Alice Schwarzer, die religionsfeindliche Giordano-Bruno-Stiftung (GBS) und der niederländische Soziologe Ruud Koopmans bisher nicht unbedingt, durch vorurteilsfreie Untersuchungen zum Thema Islam und Muslime in Erscheinung getreten. (Über das Problem der GBS mit empirischer Sozialforschung hatte ich hier schon einmal etwas geschrieben.)

Liest man Fragen und Antwortvorgaben der von Allensbach durchgeführten Befragung genauer, fällt schnell auf: Den Befragten wird durchweg ein problematisches Bild des Islam vermittelt, bevor sie sich dann für oder gegen rechte Sinnlosparolen („Der Islam gehört nicht zu Deutschland“), rechte Sinnlosforderungen (Burkaverbot) oder entlang rechter Sinnlosvereinfachungen (gegen Mohammed-Karikaturen oder für Meinungsfreiheit) entscheiden sollen.

Statt Inhalt und Methoden der Studie kritisch zu überprüfen, übernahmen viele Journalisten wie hier in WELT unkritisch die Deutung der Studienmacher.

Problematisch ist auch, dass Journalistinnen durchweg, die islamkritische Deutung der Studienmacher übernehmen. Dabei sagen manche Ergebnisse mehr über das Demokratiedefizit der Befragten als das von Musliminnen aus. So stimmten 35% der Befragten nicht der Aussage zu, dass die Religionsfreiheit auch für Muslime gelten sollten (18% finden, sie sollte nicht für Muslime gelten, 17% waren sich unsicher). 58 Prozent der Befragten fordern ein Kopftuchverbot im Öffentlichen Dienst, 23 Prozent sogar ein generelles Kopftuchverbot in Deutschland. Viele Deutsche scheinen demnach nicht nur ein Problem mit dem Islam, sondern auch mit dem Grundgesetz zu haben.

Gern hätte ich die Studie noch genauer überprüft, leider ist sie aber bisher nicht öffentlich zugänglich (auch das ist ein Grund für Skepsis). Lediglich eine Zusammenfassung der Ergebnisse haben die Studienmacherinnen ins Netz gestellt.

Neues vom Strahlemann der islamophoben Szene

Wo wir gerade beim Unterschied zwischen medialer Perzeption und Wirklichkeit sind. Constantin Schreiber hat ein neues Projekt veröffentlicht: Unter Moscheepedia können Islamkritiker und alle anderen Adressen, Namen und Standorte von bisher knapp 200 Moscheen finden. Wie im Falle von Österreichs Islamlandkarte verzichtet das Projekt auf die Zustimmung der Betroffene und ruft stattdessen jederman auf, eigene Fotos, Videos und Audio-Aufnahmen aus der nächstgelegenen Moschee einzureichen.

Mit Generalverdacht und Stigmatisierung hat das freilich nichts zu tun,versichert der Tagessschau-Sprecher und Strahlemann der islamophoben Szene auf Youtube.Stattdessen gehe es ihm um Transparenz und darum, miteinander ins Gespräch zu kommen. Blöd nur, dass bislang jedes von Schreibers “Toleranz”-Projekten in jeder Menge islamophoben Mist endete: “Moscheereport”, “Inside Islam”, “Kinder des Koran”, “Die Kandidatin”

Das Satire-Portal Nokatara hat sich anlässlich Moscheepedia einmal die Frage gestellt: Was wäre, wenn wir andere Bevölkerungsgruppen auf ähnliche Weise öffentlich katalogisieren würden wie wir es mit Muslimen tun. Das sehr lustige Ergebnis: Muschipedia.

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