Ein nie dagewesener Schlag gegen Islamisten in Österreich sollte Operation Luxor sein. Knapp zwei Jahre später ist klar: Historisch war an der Polizeirazzia allenfalls die eigene Rechtlosigkeit.
Größte Polizeiaktion der österreichischen Nachkriegsgeschichte… Entscheidender Schlag gegen Hamas und Muslimbruderschaft… Wichtige Maßnahme gegen die Wurzeln des politischen Islam in Österreich… Als Österreichs Innenminister Karl Nehammer am 9. November 2020 die Bilanz der nächtlichen Polizeirazzien vorstellte, war die Botschaft klar: Hier war Österreichs Ermittlungsbehörden etwas Einmaliges, ja Historisches gelungen.
Knapp zwei Jahre nachdem Spezialeinheiten im ganzen Land die Wohnungen und Geschäftsräume muslimischer Bürger stürmten, ist klar: Bei Österreichs vermeintlich größtem Schlag gegen Islamisierung, Politischer Islam und Muslimbruderschaft handelt es sich bestenfalls um die größte Einschüchterungskampagne gegen die muslimische Bevölkerung des Landes. Wobei der letzte Satz nicht ganz richtig ist. Denn glaubwürdige Hinweise, dass es sich bei Operation Luxor um eine Luftnummer handelt, gibt es nicht erst heute.
Von Anfang an wiesen Journalisten, Juristen und andere Experten auf die dünne Begründung und fehlenden Beweise für die Aktion hin. Schon in der Anordnung für die Razzien suchte man vergeblich nach handfesten strafrechtlichen Vorwürfen, die die Aktion legitimierten und das Bild einer weit verbreiteten terroristischen Bedrohung und islamitischen Unterwandung der österreichischen Gesellschaft belegten.
Dabei kann man Österreichs Behörden zumindest nicht den Vorwurf machen, sich keine Mühe gegeben zu haben: 21.000 Observationsstunden durch den Verfassungsschutz gingen der Aktion voraus. Mehr als 1,2 Millionen Fotos und Videos wurden von Treffen und Zusammenkünften muslimischer Bürger aufgenommen. Fast 1.000 Polizisten kamen allein in der Nacht vom 9. November 2020 zum Einsatz. 60 Häuser wurden durchsucht, zeitweise gegen über 100 Beschuldigte ermittelt.
kein einziger Beschuldigter wurde vor einem Gericht angeklagt
Doch die Bilanz von Operation Luxor ist auch fast zwei Jahre später so bescheiden wie am ersten Tag: Bis heute wurden weder Waffen, noch geheime Umsturzpläne gefunden. Kein einziger der Beschuldigten wurde vor einem Gericht angeklagt, in Untersuchungshaft genommen, geschweige denn verurteilt. Im Gegenteil: In mehreren Fällen wurden Ermittlungen ergebnislos wieder eingestellt, mussten beschlagnahmte Gelder und Liegenschaften wieder freigegeben werden.
Die einzigen handfesten juristischen Ergebnisse, die Operation Luxor bis heute erzeugt, richten sich nicht gegen die beschuldigten Muslime, sondern gegen die gegen sie ermittelnden staatlichen Behörden. Die List, die zeigt, wie gering die juristische Substanz hinter den Anschuldigungen von Anfang an war, wird von Monat zu Monat länger:
- Schon im November 2020 berichtet das Magazin ZackZack über die möglichen Hintergründe der Aktion: Justiz und Polizei seien bei den Razzien gegen österreichische Bürger vor allem Wünschen aus Ägypten und Israel nachgekommen. Dies legten Akten der Grazer Staatsanwaltschaft nahe. Zu keinem Zeitpunkt sei von einem der Beschuldigten eine terroristische Bedrohung ausgegangen. Auch ein Bezug zum Anschlag vom 2. November 2020, bei dem ein IS-Sympathisant in Wien vier Personen tötete, habe nicht bestanden.
- Im Juni 2021 berichtet Die Presse über Ermittlungen gegen leitende Beamte des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT). Die Behörde soll aus politischen Motiven muslimische Bürger ins Visier genommen haben, ohne dass ein konkreter Verdacht bestanden habe.
- Im August 2021 erklärt das Oberlandesgericht Graz mehrere Razzien der Operation Luxor für rechtswidrig und bemängelt generell die dünne Beweislage der Ermittler. Außerdem stellt das Gericht die zentrale Prämisse der Ermittlungen infrage: Die Muslimbruderschaft sei so vielfältig, dass nicht jeder Anhänger automatisch als Terrorist gelten könne.
- Wegen Anscheins der Befangenheit beruft das Oberlandesgericht Graz im Juni 2022 die beiden Sachverständigen der Staatsanwaltschaft zum Thema Muslimbruderschaft Heiko Heinisch und Nina Scholz ab. Heinisch ist bis heute auch im wissenschaftlichen Beirat der Dokumentationsstelle Politischer Islam tätig
- Aufgrund mangelhafter Verdachtslage erklärt das Oberlandesgericht Graz im Juli 2022 Teile der Überwachungsmaßnahmen im Rahmen der Operation Luxor für rechtswidrig und ordnet an, alle Ergebnisse der Überwachung zu vernichten.
- Im August 2022 wird der Kronzeuge der Staatsanwaltschaft wegen übler Nachrede zu einer Geldstrafe verurteilt. Dieser soll Beschuldigte zu Unrecht mit der Muslimbruderschaft in Verbindung gebracht haben. Auch den Entlastungszeugen der Staatsanwaltschaft, unter ihnen der Theologie-Professor und Leiter des wissenschaftlichen Beirats der Dokumentationsstelle Politischer Islam Mouhanad Khorchide, glaubt das Gericht nicht.
- Ende September 2022 wird bekannt, dass die Ermittlungen gegen einen weiteren Beschuldigten – die nach dem früheren IGGÖ-Chef benannte Schakfeh-Stiftung – bereits im Sommer eingestellt wurden. Ihre Arbeit habe die interreligiöse Stiftung infolge der Razzien dennoch einstellen müssen.
Von den einstigen politischen Fürsprechern von Operation Luxor hört man unterdessen kaum noch etwas zur Aktion. Dabei hatte der mittlerweile zum Bundeskanzler aufgestiegenen Karl Nehammer damals gar nicht so unrecht. Als historisch lässt sich Operation Luxor auch knapp zwei Jahre später noch beschreiben. Nicht als historischer Schlag gegen Islamisierung, Politischer Islam oder Muslimbruderschaft. Eher schon als historischer Missbrauch von Justiz und Sicherheitsbehörden und nie gekannte staatliche Rechtlosigkeit gegenüber den muslimischen Bürgern des Landes.
[Das Aufmacherbild zeigt Ägyptens Rames II. beim Angriff seine hethitischen Nachbarn im 13. Jh. v.Chr. Über 3000 Jahre später musste der Pharao als Namensgeber für den Angriff auf Österreichs Muslime herhalten. Erst kurz vor Beginn der „Operation Ramses“ wurde diese in „Operation Luxor“ umbenannt.]
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